Bernhard und Maria Kreulich

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Fast 25 Jahre waren Bernhard und Maria Kreulich, geb. Budziak, verheiratet, als sie am 28. Januar 1944 vom Volksgerichtshof ihr Todesurteil entgegennehmen mußten.

Bernhard Kreulich war als Fördermaschinist auf der Zeche Hubert in Essen tätig. Nach Kriegsteilnahme und französischer Gefangenschaft kehrte er 1920 nach Essen-Kray zurück und heiratete die Verkäuferin Maria Budziak, Tochter aus einer Bergarbeiterfamilie mit 16 Kindern. Wenig ist aus der Zeit bis 1943, als sie angezeigt wurden, von ihnen bekannt. Maria Kreulich gehörte seit ihrer Jugend einer katholischen Mädchengruppe an, später dem Frauen- und Mütterverein der Pfarrei St. Barbara. Man weiß von ihnen, daß sie mit der Zentrumspartei bis 1933 sympathisierten. 1943 im Mai mußte Bernhard Kreulich zur stationären Behandlung in das Knappschaftskrankenhaus Essen-Steele.

Einem Mitpatienten gegenüber, dessen beide Söhne an der Ostfront gefallen waren, erklärte Bernhard Kreulich seinen Unmut über die Lage an der Ostfront. Maria und Bernhard Kreulich wurden deswegen am 28. Januar 1944 durch den 2. Senat des Volksgerichtshofes zum Tode verurteilt. Dabei wurde "für Recht erkannt":

Die Angeklagten haben im Mai und Juni 1943 in einem Krankenhaus in Essen vor anderen Patienten wiederholt schwer zersetzende Äußerungen gegen die deutsche Wehrmacht und den Führer getan.

Sie werden deshalb beide wegen Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung

zum Tode

verurteilt.

Die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihnen aberkannt.

Sie tragen die Kosten des Verfahrens.

Dabei sollen nach Angaben des Urteils des Volksgerichtshofes vom 23.1.1944, das sich wiederum auf die Aussagen von Mitpatienten stützte, folgende Äußerungen gefallen sein, auf die sich das Gericht berief:

"Im Osten sieht es bös für uns aus. Unsere Soldaten laufen über und zwar so viel, daß von manchen Kompanien nur ein paar Mann übrig geblieben sind." (...)

Im Krankenhaus lagen damals auch der Markenkontrolleur B. (...) und der Büroangestellte M. (...). Beide sind Parteigenossen und wußten, daß W. (der Zimmergenosse Kreulichs - d. Verf.) unter den Reden der Angeklagten zu leiden hatte. (...) eines Tages saßen M., B. und der Grubensteiger K. zusammen mit Bernhard Kreulich im Garten des Krankenhauses auf einer Bank. Auch Maria Kreulich war wieder anwesend.

Als im Lauf des Gesprächs die Rede auf den Krieg kam, äußerte Bernhard Kreulich:

"Die SS ist eine Mördertruppe; in der Wehrmacht werden unsere Soldaten zu Verbrechern erzogen, weil unsere Generale auch nichts taugen. Unsere Soldaten haben keine Lust mehr zu kämpfen und laufen über."

Dazu Maria Kreulich: "Der Paulus hat sich auch weggemacht" (...) ."Ja, Paulus und Rommel sind stiften gegangen. Das steht in den Flugblättern. Die beiden sind dort abgebildet. Ich habe in den Flugblättern auch Bilder von deutschen Soldaten gesehen wie diese sich freuten, daß sie in Gefangenschaft geraten waren."

Maria Kreulich erzählte auch sonst noch von den Flugblättern und stellte deren Inhalt als wahr dar.

Bernhard Kreulich erklärte dazu: "Der Russe tut den deutschen Soldaten nichts. Was man uns darüber erzählt, ist alles gekohlt."

Als B. darauf den Angeklagten mit den Worten warnte, sein Kopf sitze ziemlich lose, wenn er solche Äußerungen tue, erwiderte der Angeklagte: das sage er noch einmal; ihm sei nicht bange, und wenn man ihn einsperre oder an die Wand stelle. Maria Kreulich stimmte ihm mit den Worten zu: "Mein Mann ist nicht bange; er hat sich, als er Soldat war, auch nichts gefallen lassen."

Bernhard Kreulich fuhr dann fort: "Ich stehe nicht vor jedem Ausländer stramm". Als B. ihn fragte, ob er damit etwa den 'Führer' meine, bejahte Bernhard Kreulich das und sagte unter Bezugnahme auf eine Rede, die der Führer vor 1933 in Essen gehalten hatte: "Als der Führer in der Radrennbahn gesprochen hat, bin ich weggegangen, weil ich seine Fresse nicht sehen und sein Gequassel nicht hören wollte."

M., der kommissarischer Blockleiter ist, erstattete daraufhin Anzeige gegen die Angeklagten. (...)

Die Äußerungen der Angeklagten hätten andere Volksgenossen in ihrer Siegeszuversicht und ihrem Willen zum Durchhalten schwer treffen können. Denn sie behaupteten sinngemäß, daß die deutschen Truppen demoralisiert seien, die deutsche Niederlage also außer Frage stehe, und sie besagten ferner, daß hochverdiente Führer des Heeres - die Marschälle Paulus und Rommel - ihre Soldaten feig im Stich gelassen hätten und daß an der Spitze des Reiches ein Mann stehe, dem die Führung nicht zukomme und der dazu auch gar nicht fähig sei. Vollends eindeutig war die Bezeichnung der SS als Mördertruppe. Es liegt auf der Hand, daß die Angeklagten mit solcher Hetze zugleich auch die Geschäfte des Feindes besorgten. Sie lag ganz im Sinn der verlogenen, auf die Zermürbung des deutschen Volkes und Irreführung der Weltöffentlichkeit gerichteten Propaganda der Feindmächte und hatte ihren Ursprung zum Teil ja auch unmittelbar in den feindlichen Flugblättern. (...)

Quelle: Ruhrlandmuseum, Archiv Ernst Schmidt, Akte B Kreulich

Ein Zeugnis ihrer Frömmigkeit ist von Maria Kreulich erhalten. Sie schrieb mit dem Datum vom 29. Januar 1944 ein "Letztes Gebet" für ihre Verwandten, in dem es heißt:

" (...) Herr, wende mein Herz ganz ab von der Welt Und führe Du mich, wie es Dir gefällt. Sind rauh auch die Wege und dornenvoll, Ich weiß, Du führest mich dennoch wohl (...) So nimm Herz und Hände und führe mich! Wenn ich auch das Ziel Deiner Wege nicht sehe, Du führst mich doch wohl, Herr, Dein Wille geschehe."

Am 17. März 1944 wurde Maria Kreulich in Berlin-Plötzensee hingerichtet, am 19. März 1944 Bernhard Kreulich an der gleichen Stelle.

Aus: "Nikolaus Groß, Arbeiterführer - Widerstandskämpfer - Glaubenszeuge, Wie sollen wir vor Gott und unserem Volk bestehen?" Details zu diesem Buch mehr..., Seiten 218 ff


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